Weblog, Wiki oder Onlinemagazin – wie sieht die Zukunft des Internets aus? Der Grimme Online Award gibt jedenfalls keine Antwort darauf, sondern urteilt salomonisch. Zwei der sechs Preise gingen an das beste Blog und an das beste Wiki. Den Spezialpreis erhielt das beste Onlinemagazin. Gut, ob die drei wirklich die besten ihrer Klasse sind, darüber lässt sich trefflich streiten, doch die Jury hat definitiv versucht, es jedem recht zu machen.

In der Königsdisziplin, der Kategorie Information, wurde nicht etwa ein klassische Redaktion, sondern ein Weblog ausgezeichnet. Zum Zuge kam hier BILDblog. Im Jahr des Blog-Hypes verwundert dies nicht. Dennoch wurde auch ein explizit journalistisches Angebot ausgezeichnet: Spiegel Online. Allerdings mit dem Spezial-Preis.

Bei Film-Festivals wird dieser fürs Lebenswerk vergeben, weshalb ihn auch niemand haben will, weil er eigentlich besagt, dass man seine beste Zeit schon hinter sich hat. Und tatsächlich ist Spiegel Online mit seinen zehn Jahren auf dem Buckel der Opa unter den Preisträgern. BILDblog existiert gerade einmal ein Jahr. Wikipedia wurde dagegen doppelt ausgezeichnet, in der Kategorie Wissen und Bildung und mit dem Publikumspreis.

Das BILDblog ist das wichtigste deutschsprachige »Watchblog«. Es demonstriert, wie das Internet für eine unabhängige, kontinuierliche und professionelle Medienkritik genutzt werden kann. Oft wird den Medienjournalisten vorgeworfen, sie seien zu zaghaft und würden zu viel Rücksicht auf Verlags- und Kollegeninteressen nehmen. Das BILDblog nutzt die Freiräume, die das Internet bietet, und könnte Vorbild für weitere Angebote dieser Art sein.
Begründung der Jury

Dem Newcomer wird folglich Vorbildcharakter zugeschrieben, nicht etwa Spiegel Online. Das ist bitter. Und dann noch dieser Seitenhieb: „Die Jury wünscht sich, dass SPIEGEL ONLINE auch weiterhin auf die strikte Trennung von redaktionellen und werblichen Angeboten achtet.“ Der Oldtimer erfährt fast nur Lob für die zurückliegende Arbeit. Wie gesagt: der Preis fürs Lebenswerk.

SPIEGEL ONLINE erhält den zum ersten Mal verliehenen Spezialpreis des GRIMME ONLINE AWARD. Die Jury hat sich entschieden, das journalistisch geprägte Onlineangebot auszuzeichnen, das seit zehn Jahren wesentlich mit dafür gesorgt hat, dass das Internet zu einem respektierten Medium geworden ist. […]

SPIEGEL ONLINE bedeutet zehn Jahre Innovation, immer den kleinen Schritt voraus, ohne jemals den Nutzer und Leser aus den Augen zu verlieren. Stets war das Angebot auf der Höhe der Zeit, ohne die Inhalte unter technischen Experimenten zu verdecken. SPIEGEL ONLINE ist ein Leitangebot, an dem kein publizistisches Onlineangebot in Deutschland vorbei kommt.
Begründung der Jury

Einen schalen Beigeschmack hinterlässt jedoch folgender Satz: „SPIEGEL ONLINE hat die Jury aus verschiedenen Gründen überzeugt: Es ist ein journalistisches Angebot, das das Niveau der klassischen Medien insbesondere wegen der vielen Autorenbeiträge erreicht hat.“ Als ob das Internet immer noch ein Nachrichtenkanal zweiter Klasse wäre, der sich an klassischen Medien zu messen habe. Sollen die Zeitungen doch zehn Minuten nach dem verwandelten Elfmeter von Ballack eine neue Ausgabe drucken. Was ist hier der richtige Maßstab?

In der Kategorie Wissen und Bildung gingen die Preise an die Kürläufe die mit öffentlichen Gelder finanzierten Institutionen ZDF und Bundeszentrale für politische Bildung. onlinejournalismus.de weist zurecht darauf hin, dass hier die Qualität wohl von der eingesetzten Geldmenge kommt. Einzige Ausnahme davon ist in dieser Kategorie der Preisträger Wikipedia.

Einen herzlichen Glückwunsch an alle Preisträger.