Wenn ein Journalist in seiner Überschrift das Wörtchen „Super“ verwendet, ist dies meist ironisch gemeint. Nichts anderes erwarte ich, wenn Frank Patalong auf Spiegel Online vom „Super-E-Paper“ schreibt. Doch in den Worten seines Textes spüre ich überraschenderweise die Euphorie, die ich bei der Firmen-PR erwarten hätte. Ich wundere mich. Oder?

Kritisch hinterfragt wird das Livepaper nicht. Stattdessen erweckt Patalong den Eindruck, dass es sich bei dem Livepaper um einen Qualitätssprung handelt. Sicherlich ist es mehr als ein herkömmliches E-Paper im PDF-Format. Und auch mehr als die meisten Onlinemagazine bieten. Es ist aber nicht revolutionär neu, um einen Quantensprung handelt es sich hierbei nicht. Ich frage mich nur, woher Herr Patalong seine Euphorie bezieht. Auf mangelnde Erfahrung ist dies sicherlich nicht zurückzuführen.

Aber so richtig wohl zu fühlen, scheint Patalong sich dann doch nicht, denn einen Teil seiner Euphorie legt er dem Firmenchef in den Mund: „‚Wir haben das bewusst nicht einfach E-Paper genannt‘, erklärt Scheele, ‚weil es einfach mehr ist.'“ Und weiter: „‚Mehr als E-Paper‘ sei sein Produkt. ‚Live‘ sei es, weil Leben drin sei“. Dann sind eine Seite und 16 Absätze verbraucht, und der Leser weiß außer dem Eigenlob des anbietenden Verlages immer noch nicht so recht, worum es sich beim Livepaper denn eigentlich handelt.

Das Livepaper erscheint nicht wie eine Website, sondern im Look & Feel des Acrobat Readers. Eine Zeitung lässt sich auch wie bei einem PDF Seite für Seite durchlättern. Allerdings handelt es sich nicht um eine bloße 1:1-Umsetzung der Printversion, auf der Seite sind auch Hyperlinks, Musik und Videos eingebunden. Per Klick lässt sich vieles steuern, zum Beispiel lassen sich Bilder vergrößern und Schaubilder einblenden.

So stelle ich mir etwas vor, dass sich Multimedia-Website nennt. Und tatsächlich ist es nichts anderes, nämlich eine Flash-Seite, die – zugegeben – recht gut gemacht und im Prinzip nichts anderes als eine konsequente Umsetzung des Hypertext-Konzepts und der Einbindung von anderen Medien ist. Redaktionssytem und Datenbanken, die dahinter liegen, müssen sehr aufwändig gemacht sein und auch dem Redakteur bei seiner Arbeit einiges abverlangen. Der Verlag hat sich sein Lob verdient, doch Zauberei ist dies nicht. Darauf hätte auch Spiegel Online kommen können.