Die Bundestagswahl ist der ideale Kitt fürs Sommerloch. Dieses lässt sich auch gut mit einer Studie des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft der TU Ilmenau zukleistern. Im Visier ist der ganz normale Durchschnitssurfer und was er politisch so treibt. Dieses weiter aufzudröseln, hat sich heise online aber nicht die Mühe gemacht. Oder die dpa. Egal, steht wohl alles in der Studie. „Das Internet verändert die politische Kommunikation“ heißt das Stück bei heise online. Liest sich doch gut. Und weiter?

Die dpa-heise-Zusammenfassung ist widersprüchlich. Onliner sollen demnach aktiver sein als Offliner, dies aber auf eine seltsam passive Art und Weise. Wer sich regelmäßig im Netz aufhält, zieht sich dort zwar mehr Informationen, gerade auch die politischen. (Als ob der CDU-Wähler, der regelmäßig das heute journal schaut, schon politisch aktiv wäre. Naja, zu Kohl-Zeiten hätte das wohl schon gereicht.) Der Durchschnittssurfer tritt allerdings seltener in Parteien ein.

Immerhin scheint die Informationsbeschaffung im Internet keine einmalige Aktion zu sein. Wer einmal Spiegel Online liest, tut dies auch weiterhin. Ob dort allerdings mehr das Panorama mit seinen reichhaltigen Bildergalerien abgesurft wird oder gezielt Hintergrundinformationen über Saudi-Arabien gelesen werden, stand nicht dabei. Und wenn aus dem Bildzeitungsgucker ein Bild.T-Online-Gucker wird, ist dies auch auch nicht gerade ein qualitativer Beitrag zur politischen Kultur.

Wenn heise online allerdings so offenherzig von Veränderungen in politischer Kommunikation schreibt, erwarte ich auch Infos darüber, wie der Internetbewohner an politischen Prozessen teilnimmt bzw. wie die Parteien ihn anders ansprechen. Beides wird in dem Artikel nicht beantwortet, nicht einmal richtig angesprochen.

Der einfachste Weg ist für den User natürlich der Weg über die Website einer Partei in dessen Forum, um dort mit naiven Fragen zu nerven oder mal ordentlich Dampf abzulassen. Was sich in den Foren so trollt, ist allerdings auch kein Vorbild für politische Partizipation. Die Grünen haben deshalb einen Wächter am Tor postiert. Eintritt erhält zwar jeder, aber erst nachdem er durch eine Registrierung seine Identität preisgegeben hat, zumindest der Partei gegenüber.

Warum nur werden dann virtuelle Ortsvereine gegründet? Nach der Bürgerversammlung zum Thema „Wildwuchs in kommunlen Grünflächen unter freizeitqualitativen Aspekten“ in der Gaststätte Wilder Mann sitzt wohl der eine Teil wie eh und je am Tresen und trinkt sich einen, während der andere Teil streberhaft an den heimischen Rechner eilt, um sich dort seinem Ortsverein im kommunalpolitischen Weblog mitzuteilen. Wer auch immer das dann liest.

Auf diese Weise werden allerdings die Aufgaben des Protokollführers demokratisiert. Der Punkt Genehmigung des Protokolls kann deshalb auch von der Tagesordnung der nächsten Sitzung gestrichen werden, da die Sitzung selbst im Blog nachgespielt wird. Außerhalb der Parteigrenzen interessiert dies natürlich niemanden. Darüber, was die Parteien offiziell treiben, sagt das aber noch gar nichts. Darauf werden wir wohl ein anderes Mal einen Blick werfen. Momentan genießen wir am Sommerloch noch den Sommer.