Wer einen Dreckfuhler findet, darf ihn bekanntlich behalten. Und wenn bildungsklick.de einen Rechtschreibfehler bei Wikipedia findet, freuen sich die dortigen Bildungsexperten wie die kleinen Kinder. Von zwölf untersuchten Wikipedia-Artikeln rechnet man dann schnell auf 250.000 hoch. Das Ergebnis: eine satte Million Rechtschreibfehler in der gesamten deutschsprachigen Wikipedia. Berichtet Golem.
Was für ein Glück. Wäre man von nur 3,5 Fehlern pro Artikel ausgegangen, hätte man den PR(opaganda)trächtigen Wert von einer Million Fehler nicht erreicht. „Alleine die Tatsache, daß es sich um nur 12 Artikel handelt, ist erschreckend. Jeder einigermaßen gebildete Statistiker wüßte, daß diese Menge viel zu gering sei. Zudem ist nicht die Anzahl der Artikel ausschlaggebend, sondern die Länge.“ So René Pönitz in seinem Blog.
Problematisch sei aber, so bildungsklick.de, der Einsatz von Wikipedia im Schulunterricht. Die Rechtschreibprüfung wird hier zum K.O.-Kriterium für die Inhalte. Nach dieser Logik dürften nur noch absolut fehlerfreie Materialien verwendet werden. Das wäre dann das Aus für Lehrbücher nach alter Rechtschreibung und für Zeitungen mit eigenen Rechtschreibleitlinien. Die Kinder sollen lieber einen Brockhaus kaufen. Oder doof sterben, wenn sie sich keinen leisten können.
Damit wird den Kindern das Urteilsvermögen abgesprochen, Fehler selbst zu erkennen. Gerade wenn sie mit authentischen Materialien arbeiten. Sollten Kindern dann auch keine Briefe und kein Tagebuch mehr schreiben dürfen? Da wimmelt es auch nur von Fehlern. Trotzdem versteht man sich. Ach ja, das Internet wäre dann natürlich auch tabu. Und wie es der Zufall so will auch Wikipedia. Aber so ist das vielleicht ja auch gewollt. Stephan Lamprecht bringt es in seinen Notizen auf den Punkt: „Liebe professionelle Wissensvermittler, die Ihr von teuren Schulbüchern und Lexika lebt. So werdet Ihr es nicht schaffen ein Projekt zu diskreditieren, das Ihr als Bedrohung anseht.“
Dabei steht Wikipedia doch unter der „GNU Free Documentation License„. Dort heißt es in der deutschen Übersetzung: „Die Lizenz gestattet die Vervielfältigung, Verbreitung und Veränderung des Werkes“. Lehrer können also bei der Verwendung in Unterrichtsmaterialien Fehler in Wikipedia-Texten beseitigen. Oder am besten gleich in Wikipedia selbst. Wo ist also das Problem?