Spiegel Online mal wieder. „Blogometer: Wann weint das Web?“ Pünktlich zum Wochenende. Was war wohl mein erster Gedanke? Jetzt dreschen die schon wieder auf die Blogs ein. So wichtig sind wir doch gar nicht. Und dann? Nüchtern, nachrichtlich, ohne Polemik. Ein niederländischer Forscher hat eine Software entwickelt, mit der man Stimmungen in Blogs aufspüren kann. Spiegel Online spricht von „Gefühlen“. Im Freud-Jahr kommen die Blogs auf die Couch. Damit ist das Verhältnis dann aus Sicht der Professionellen wieder hergestellt.
Ist das bereits Blogbashing 2.0? Dass die offene Beschimpfung der Blogs (zum Beispiel als Klowände des Internets) sich nicht auszahlt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Stattdessen wird im Ton sachlich berichtet, aber en passant den Blogs der Stempel der Heulsusen aufgedrückt. Da hat es uns Spiegel Online aber mächtig gezeigt. Oder wen wollen die damit sonst beeindrucken? Ihre Leser etwa? Wenn die nach Meinung der Redaktion wirklich so blog-affin wären, würde es schon längst Spon-Blogs geben. Wer sein Onlinemagazin regelmäßig komplett in allen möglichen Unternehmensfarben eintaucht, springt auch über dieses Stöckchen. Viel früher sogar. Wäre ja auch opportun.
Dass es sich hierbei eigentlich um einen Bericht über Textanalyseverfahren geht, schließe ich mal aus. Die Überschrift liest sich jedenfalls nicht so: „Blogometer: Wann weint das Web?“ Und auch die Blogs selbst reagieren wohl eher auf Polemik, soviel Selbstkritik muss sein. Spiegel Online muss sich fragen lassen, wie hier die Themen gesetzt werden. Neben der iPod- und Origami-Hofberichterstattung der Spiegel-Netzwelt sollte die Blogosphäre doch nur eine Randerscheinung, nur eine Petitesse sein. Oder? Soviel zur journalistischen Ausgewogenheit der Profis.
Ich warte noch auf den Tag, wo Spiegel Online anfängt, die Blogsphäre, was auch immer das genau ist, zu differenzieren. „Ob die Blogger-Community gerade Frust schiebt, Angst hat oder betrunken ist“, Spon steckt alle Blogs in einen Sack, haut drauf und trifft … die eigene Glaubwürdigkeit. Schade eigentlich.