Ich bin bekanntlich ein regelmäßiger Bahnfahrer und Infojunkie, was dazu führt, dass ich im Zug als erstes mein Smartphone, mein PDA-Handy, PDA-Phone oder whatever, also meinen Palm Treo 650 zur Hand nehme und einen Blick in meine E-Mail-Fächer werfe. Der zweite Blick gehört dann schon Spiegel Online. Auf dem Handy. Eine Handy-Version gibt es nämlich schon länger, jetzt hat Spiegel Online aber zusätzlich noch eine Ausgabe unter dem Namen Spiegel Mobil herausgebracht. Schön bunt.

Spiegel Mobil kann man sich in jedem HTML-Browser anschauen (die meisten Handys verfügen mittlerweile darüber, WAP war gestern), also auch auf einem 17″-Monitor, sieht dort nur seltsam aus, da sich das Layout der Displaygröße anpasst. Da es Handydisplays in allen erdenklichen Pixelbreiten gibt, ist dies aber sinnvoll.

Laut Spon „steht nahezu das gesamte SPIEGEL-ONLINE-Angebot bereit“. Ein so reichhaltiges Angebot lässt sich allerdings auf so kleinem Raum wie einem Handydisplay nicht in der gleichen Art und Weise präsentieren, da mussten schließlich Abstriche gemacht werden. Auf der Startseite von Spiegel Mobil werden viel weniger News präsentiert als auf Spiegel Online. Überhaupt ist die Seite nicht sehr lang, viel zu scrollen scheint man dem Leser nicht zumuten zu wollen, dabei ist das mit dem Handy kein Problem.

Auf der Startseite von Spiegel Mobil finden sich wenige Topnews und pro Rubrik nur eine weitere News, wobei insgesamt weniger Rubriken präsentiert werden. An dieser Stelle verrät Spiegel Mobil auch seine Zielgruppe: Das Ressort Wirtschaft wurde wegrationalisiert, stattdessen kann man zwischen Panorama, Sport und Kultur wählen. Spiegel Mobil richtet sich offensichtlich nicht an die Generation Blackberry.

Spiegel Online gleicht dies aber durch einen Link zu einer Seite aus, auf der allen Rubriken präsentiert werden. Die sind dann in etwa so aus wie die Navigation am linken Rand der Spon-Startseite. Im Prinzip finde ich das Navigationsproblem gut gelöst. Ärgerlich ist nur, dass sich die Links auf meinem Treo 650 nicht mit dem 5-Wege-Navigator anspringen lassen. Ich muss den Stift zu Hilfe nehmen, den ich sonst so gut wie nie brauche, das ist ungewohnt.

Trotz des guten Ansatzes hat die Übersicht gelitten. Die Schriftgrade variieren zu wenig, zu wenig wird mit Zwischenräumen gearbeitet, noch hat Spiegel Mobil zu wenig Struktur. Stattdessen wurde einmal kräftig in den Farbeimer gegriffen. Die Rubriken sind spontypisch eingefärbt, nur dass auf Spiegel Online die Farben erst zum Tragen kommen, wenn man sich innerhalb des Ressorts befindet, nicht schon auf der Startseite. Orientierung schafft dies nicht gerade.

Auch die einzelnen Artikelseiten hinterlassen ein zwiespältiges Bild. Der obere Teil mit Überschrift, Autor und Lead ist unübersichtlich, auch hier findet sich zu wenig Variation bei Schriftgraden und Abständen. Der untere Teil jedoch erscheint schön aufgeräumt, so muss eine gute Navigation aussehen.

Soweit die übliche Kritik. Völlig überrascht war ich, dass es auf Spiegel Mobil auch Videos geben soll. Spiegel Online tut so, als sei das mit UMTS kein Problem. Ich frage mich nur, wer das bezahlen soll und wie schnell so ein Download real ist? Leider habe ich kein UMTS-Handy, um das testen zu können. Die zweite Überraschung ist, dass sich über Spiegel Mobil auch das E-Paper abrufen lässt. Ich bin aber kein Abonnent und kann mich deshalb nicht einloggen.

Die alte Mobil-Version, die ich bisher genutzt habe, besteht weiterhin. Sie war sehr textlastig, hat aber ihren Zweck erfüllt. Durch einen besseren Überblick und mehr News auf der Startseite würde ich sie momentan sogar noch bevorzugen. Man kann aber davon ausgehen, dass Spiegel Mobil in den nächsten Wochen noch überarbeitet wird. Wir wünschen Spiegel Online ein glückliches Händchen dafür. Samstag werde ich wieder drei Stunden im Zug sitzen, mal schauen, was es dann noch zu entdecken gibt.