Uffz, nun schon in der dritten Woche zum Kiosk gerannt, heute früh endlich die Tempo nach Hause geschleppt, schweres Teil, zwei Frauenzeitschriften aneinander geklatscht, Typ Elle, lange genug darauf gewartet. Schöner Titel: „Endlich! Die Wahrheit!“ So spricht ein Zeitgeistmagazin nach zehnjähriger Abstinenz. Drauf geschissen.

Die neue Tempo, S. 32-33
Die neue Tempo, S.32-33, Rippen-Pullover ab 19,99

Kate Moss auf dem Titel geht klar. Kann man machen, muss man aber nicht. Beim ersten Durchblättern zeigt sich schon, ein nettes Sammelsurium an Eindrücken, aber kein Anspruch auf die letzte Wahrheit. Aufgestellt als Triptychon: „Die letzten zehn Jahre in zehn Minuten.“ – „Helden und Verräter.“ – „Gebrauchsanweisung für die nächsten zehn Jahre.“ Zur Feier des … nun ja, anstelle einer Selbstbeweihräucherung, gottseidank. Kann man so machen, muss man aber nicht.

Und dann die Werbung, bis zum Anschlag. Welcher Tempoleser hätte je ein Problem damit gehabt? Aber dann von Quelle, mit kleinen Kindern drauf. Und das Gerhard-Schröder-Buch. Kia Motors, die Ruhrkohle AG und mehrmals einfach nur Holz. Das ist also aus dem Tempoleser geworden. Die Tempo wäre, gäbe es sie heute noch, Spießers Liebling. Schöne Scheiße. Einzig wohltuend, es gibt keine Heftbeilage, auch keine metrosexuellen Parfümprobe.

Gab es die eigentlich damals? Vor 17/18 Jahren? Als ich mit 17/18 Jahren die Tempo für ein, zwei Jahre las? So lange ist das für mich schon her und keine zehn Jahre. Dann verschwand die Tempo aus meinem Leben. Lediglich ein T-Shirt, dass ich zur Bestellung meines Abos geschenkt bekam, mit großem Tempo-Logo auf der Brust, lag noch jahrelang bei Mama, ich benutzte es auf Heimatreise als Nacht-T-Shirt.

Genug Sentimentalität, eifrig die Tempo durchgeblättert, was so lange dauert, wie in anderen Zeitschriften den Text zu lesen. Meine erste Portion Aufmerksamkeit verschenke ich an die Helden und Verlierer. Wahnsinn, wie treffsicher Tempo 80er-Jahre-Gesichter aufs Podest hebt oder hinrichtet, gerade mal so im Vorbeigehen. „Klaus Maria Brandauer – Nichts gegen Selbstherrlichkeit, aber sie sollte stets einen Grund haben, doch Brandauer ist längst nur noch ein Mann, der vor langer, langer Zeit mal Mephisto war. Schlampig geworden, dieser Österreicher.“

Dann noch den Glaser gelesen, und den Biller. Hmm, ganz nett irgendwie, aber früher fühlte sich das anders an. Nichts, das mir aus der Seele spricht. Ein zehnminütig gekautes Klaus-Maria-Brandauer-Pointen-Kaugummi. Zweifach. Irgendwo ist da die Seele verloren gegangen, in den letzten 17/18 Jahren. Bei den Schreibern? Bei mir? Mal schauen, es gibt noch viel zu lesen, das Wochenende kann kommen, die nächsten zehn Jahre auch. Ich surf jetzt noch ein bisschen im Internet, das gibt es auch schon ziemlich lange.