Wir haben uns gleich am Anfang darauf festgelegt, dass die Texte auf Netzausfall unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 2.0 DE stehen, dass wir sie als Volltext-Feed herausgeben und dass es auf Netzausfall keine Werbung geben wird. Von ein wenig Lobhudelei in eigener Sache hie und da mal abgesehen.

Das ist nun schon fast zwei Jahre her, und soll es auch bleiben. Das ist eine verdammt lange Zeit, und wir waren sicherlich auch nicht das erste Blog im Netz. Irgendwie hat sich das Selbstverständnis der Blogger seitdem gewandelt. Aus den Blogger-Firmen Spreeblick Verlag KG und medienrauschen.com sind keine Gold kackende Esel geworden. Und schon gibt es einen weiteren Versuch: ein Werbenetzwerk. Es hört auf den Namen Adical. Das hört sich alles nach einer Blogospähre an, die auf Deuwel komm raus erwachsen werden möchte. Dennoch geht mir ein Bild nicht aus dem Kopf: ein um Taschengeld feilschendes Kind. Keine gute Verhandlungsposition.

Ja, ja, die Problogger. Vor zwei Jahren wurden sie noch geschmäht. Abgehalfterte aus Zeiten der New Economy 1.0. „Die bezwecken doch was mit ihrem Blog“, hieß es da. Zu erkennen waren sie fast schon auf den ersten Blick: Google Ads, früher als woanders. Heute laufen die fast überall. Ich habe eigentlich gar nichts gegen Google Ads. Die Leute wollen Geld verdienen, das ist legitim. Zum Leben wird es allerdings nicht reichen. Wie es so schön heißt: ein kleiner Unkostenbeitrag.

Im Grunde geht es aber auch gar nicht um die Frage, ob nun Werbung in einem Blog geschaltet wird oder nicht. Es geht darum, was man seinen Lesern zumutet. Die meisten Blogger erheben den Anspruch, Teil der Leserschaft zu sein, dass Blogger und Leser auf einer Stufe stehen. Vermute ich mal. Zumindest wird der Leser als jemand gesehen, den es zu achten gilt. Bei journalistisch gemachtem Newsportalen ist das oft anders, da werden Leser in Foren abgeschoben, die kein Redakteur liest. Was mich aber vor allem aufregt, ist, wie Werbung in Blogs eingebunden wird.

Medienrauschen setzt die Google Ads zwischen Überschrift und Text. Was soll der Scheiß? Klar, sie erhalten dort die größte Aufmerksamkeit. Und werden deshalb vermutlich auch besser geklickt. Aber als Leser suche ich erst einmal die Stelle, wo es weitergeht – mit dem richtigen Text. Wer Werbung (das gilt insbesondere für Textanzeigen) zwischen zwei zusammen gehörende Elementen knallt, der hat meiner Meinung nach Inhalt und Werbung nicht klar genug voneinander getrennt. Macht doch in der Sidebar einen Kasten auf, mit einem dicken Rahmen drum, und baut dort die Google Ads ein. Oder haut meinetwegen einen Big-Size-Banner oberhalb des Blogs rein. Auch okay. Aber müssen es wie in einigen Blogs gleich zwei- oder dreimal Google Ads sein?

Wirklich NEUE Werbeformen?

Das alles betrifft Adical noch nicht. Man weiß ja nicht, was dabei herauskommen wird. Ich jedenfalls nicht. Momentan handelt es sich bei Adical nur um eine Ankündigung. Es wird von neuen Werbeformen gesprochen. Es soll keine blöden Popups geben und auch keine Sexdinger. Alles schön und gut. Und weiter? Herr Knüwer schreibt: „Doch versprechen sie auch neue Werbeformate. So haben sie Ideen für Werbebanner, in denen Funktionen ablaufen.“

Eingabemasken und RSS-Feeds, habe ich woanders gelesen. Das hört sich nach Zusatznutzen an. Letztlich wird es aber darauf hinauslaufen, dass diese Banner ebenfalls blinken, weil es Lauftexte sind oder sich irgendwie anders die Inhalte austauschen. Hey Leute, ist doch ein Mehrwert! Es lenkt mich trotzdem vom Lesen ab. Ich habe auch nie verstanden, wie (Online-)Verlage, die auf nicht verkauften Werbeplätzen Eigenwerbung schalten (was legitim ist), diese von der hauseigenen Grafikabteilung im Blinkiblinki-Stil fabrizieren lassen.

Momentan ist das sehr schön auf Zeit online zu beobachten. Eigenwerbung muss doch keine hohe Klickrate aufweisen, da geht es doch nicht darum, den Leser zu einer eigenen Website hinzuführen, sonden ihn auf etwas hinzuweisen: „Hi Leutz, uns gibbet jetzt auch als E-Paper. Oder als Audiobook.“ So etwas muss doch nicht animiert daherkommen. Jede Werbung, die sich in den Vordergrund drängt, kann nur dann akzeptiert werden, wenn sie Geld bringt. Nämlich, um das Angebot überhaupt zu finanzieren.

Und wenn ich dann über Adical lese, dass sie einen TKP von 20-60 Euro erzielen wollen, dann muss es ordentlich blinken. Dass Blogger eine hochwertige Kundengruppe seien, bei der die Werbetreibenden per se einen höheren TKP zahlen würden, ist doch eine Beschönigung. Ohne eine anständige Klickrate lässt sich auch da nichts machen.

Aber um diese zu ermitteln, muss überhaupt einmal Werbung geschaltet werden. Ich übernehme die Zahlen mal ungeprüft. Das Adical-Netzwerk habe 2,8 Mio PIs. Das ist durchaus eine Größe, die sich vermarkten lässt. Im Gesamtmarkt ist dies allerdings nichts. Niemand wird da Schlange stehen. Was hier als Werbe-Netzwerk daher kommt, wäre als eigenständige Website für ein Agentur wie Quality Channel ein kleiner Fisch. Bevorzugte Behandlung dürfte man dort nicht erwarten. Aber deshalb nehmen es ein paar prominente Blogger auch selbst in die Hand.

Man wird sicherlich ein paar Kunden finden. Es soll ja auch Firmen geben, die viel Geld investieren, um in Second Life präsent zu sein. Daran soll es nicht scheitern. Die machen das drei, vier Monate, dann zieht wieder Normalität ein. Und die bedeutet: Werbung auf Niveau von Google Ads. Vielleicht schafft es Adical, dass es etwas hübscher aussieht auf den einzelnen Blogs. Vielleicht lösen richtige Banner und Skyscraper wirklich die Google Ads ab. Aber die Einnahmen der Blogger werden auf ähnlichem Niveau bleiben, vielleicht etwas höher. Nichts gewonnen, viel verronnen. Ich wünsche euch, dass ich mich irre.