Neulich habe ich gelesen, dass immer mehr Leute dem Fernsehen entsagen. Oder zumindest dem Fernseher in Privatbesitz. Mit Waldorf-Pädagogik hat das allerdings nichts mehr zu tun. Der Medienkonsum hat sich einfach gewandelt. Man hat keine Zeit mehr oder schaut etwas anderes: Websites, DVDs, öffentlich-rechtliches Fernsehen.

Letzens fiel der Satz: „Dafür, dass du keinen Fernseher hast, bist du erstaunlich gut informiert, was dort läuft.“ – Ganz einfach, ich lese die Fernsehkritiken auf faz.net und manchmal auch auf Spiegel Online. Man kann sich darauf verlassen – zumindest, dass sie erscheinen. Für die Newsportale scheinen sie immer wichtiger zu werden. Sie sind Klickgaranten.


Wird man vor ihr demnächst mehr sehen?

Doch die kleine Schwester der Theater- und Filmkritik ordnet heute weniger ein oder spricht ein Empfehlung aus. Im Wesentlich erzählt sie nur noch nach. Versehen mit ein paar Pointen, die nicht anders funktionieren als die Dramaturgie der Sendungen, über die sie berichten. Die Sendung rückt fast schon in den Hintergrund. Es soll schließlich die Kritik gelesen werden.

Auch nicht ungewöhnlich die Frage: „Gestern Germany’s Next Topmodel gesehen?“ – „Ich hab’s heute morgen auf faz.net gelesen.“ Das ist sehr angenehm, die Zeiten der Gassenhauer ist schließlich vorbei. Und es reicht doch, wenn ein kluger Kopf Kerner, Beckmann, Illner und Christiansen-Will sieht und uns dann erzählt, wie schlecht es war.

Einiges muss man sich dann allerdings doch selbst antun. Im Gegensatz zu den eben genannten Gesprächsinszenierungen sind DSDS, Dschungelcamp und Topmodel richtig gut gemacht. Wenn man sich mal darauf einlässt, dass diese Sendungen einen gewissen Zweck verfolgen. Handwerklich gut gemacht, nennt man das dann einfach mit einer gewissen Distanz.

Noch so ein typischer Gesprächsverlauf: „Die zweite und die dritte Staffel habe ich gesehen. Dann hat sich alles nur noch wiederholt.“ – „Wer hat da nochmal gewonnen?“ – „Na, diese Blonde. Von der hat man aber auch nichts mehr wieder gehört.“ – Da ich keinen Fernseher besitze, schaue ich mir Germany’s Next Topmodel also im Internet an. Donnerstagabend wird es ausgestrahlt. Freitagfrüh lese ich die Kritiken. Irgendwann am Wochenende schaue ich dann selbst.

Diese Woche jedoch war der Wiederhall im digitalen Blätterwald gleich null. Auf faz.net und Spon gab es nur Kerkeling, Kuttner, Plasberg, Raab, Illner, Maischberger und Gottschalk. Erst Google News führte mich zu Welt online, zum Stern und einem Haufen Meldungen auf namenlosen Plattformen.

Da gab es allerdings nur das zu lesen, was es auch schon in den letzten Wochen zu lesen gab: eine peinliche Gisele, die diesmal auf die Fremdscham- statt auf die Tränendrüse drückt. Überraschend war das nicht. Man weiß mittlerweile, wo die Hasen langlaufen. Die Staffel ist jetzt an einem Bruch angelangt. Faz.net und Spon werden nächste Woche wieder zuschlagen. Oder übernächste.

Die Typen, auf die man bislang herabsehen konnte, müssen nun endlich raus. Aus dem Hintergrund werden nun die Mädchen hervorgezaubert werden, zu denen man aufschauen soll. Am Ende werden schon die drei Richtigen auf dem Treppchen stehen. Nächste Folge möchte ich sehen, dass endlich die Handtasche zu leben beginnt.