Jetzt stellen alle ihre E-Mail-Konfiguration um. Aber wenn der US-Geheimdienst NSA mit seinem Lauschprogramm PRISM bislang die Spuren aller E-Mails und in den meisten Fällen auch die Inhalte speichern konnte, dann wird es dies ebenso in Zukunft können – auch wenn die Mail nur ein Zimmer weiter geschickt wird. Dass ich meine E-Mails jetzt wieder auf einem heimischen Server liegen habe, hat vor allem etwas mit meiner Unzufriedenheit mit Fastmail zu tun.

Fastmail.fm wurde 1999 in Australien gegründet. Das Besondere dieses E-Mail-Providers war eine hervorragende Umsetzung des IMAP-Standards mit dem Cyrus-IMAP-Server. Ich selbst habe Fastmail seit 2004 genutzt (mit einer langjährigen Pause) und erinnere mich, dass IMAP Idle funktionierte, als andere Provider per IMAP gerade einmal Zugriff auf verschiedene Ordner gewährten. Die Server standen in New York, um gut angebunden zu sein. Tatsächlich war der Dienst immer schnell und zuverlässig – soweit ich das beurteilen konnte. Dann wurde er von Opera gekauft.

Fehlerbehaftete Weboberfläche

Meine Hoffnung lag darin, dass Fastmail zu einem großen E-Mail-Provider ausgebaut und damit zu einer Alternative zu Gmail, Hotmail und GMX werden würde. Wenn ich mich recht erinnere, sollten die Mails dann auch zumindest in Kopie auf einem europäischen Server in Norwegen liegen – was es europäischen Datenschützern zumindest leichter machen würde, an die Tür zu klopfen und mal nachzuschauen, ob alles mit rechten Dingen geschieht. Der Skandal liegt ja nicht darin, dass ein Bruderland sich unseren Datenverkehr kopiert, sondern dass die europäischen Staaten und die Europäische Union es nicht schaffen, ihr Recht durchzusetzen.

Mit der Übernahme durch Opera hat sich einiges geändert. Die Beta-Oberfläche mit ein wenig Ajax wurde irgendwann zum Standard erklärt, die alte abgeschaltet. Aus meiner Sicht hat das einiges verbessert, aber auch einiges verschlechtert, ich konnte gut damit leben. Das Problem seitdem ist jedoch, dass jetzt auch an der Haupt-Oberfläche ständig Veränderungen vorgenommen werden, wobei ich nicht beurteilen kann, ob es sich dabei um neue Funktionen im Hintergrund oder um Heavy-Bug-Fixing handelt. Ein Blick ins Status-Blog zeigt, dass es ständig Probleme gibt – nicht so sehr ein Ausfall des Servers als eine disfunktionale Web-Oberfläche.

Man muss Fastmail aber auch nicht per Webmail nutzen. Mich hatte es nur irgendwie gefangen, fast ausschließlich im Browser zu arbeiten. Das ist aber großer Mist, denn der Zugriff per alleinstehendem Programm hat den Vorteil, dass eine Kopie jeder Mail auf der eigenen Festplatte abgelegt werden kann. Es ist nicht damit zu rechnen, dass einem großen Mail-Provider alle Daten über Nacht verloren gehen, ein Ausfall für mehrere Stunden ist aber durchaus denkbar. So kommt man zumindest immer an die Mails heran.

Thunderbird nur eine Übergangslösung?

Und was macht Mozilla? Dort sagt man: Da alle nur noch im Browser arbeiten, werden wir Thunderbird nicht weiterentwickeln, braucht eh keine neue Funktionen. Genauso ist das mit Kalender-Programmen für Linux, die gibt es einfach nicht mehr. Wer eine Kommunikationsanwendung entwickelt, verdient damit kein Geld und stellt die Entwicklung schließlich irgendwann ein. So gut Googles Produkte technisch sind, der Effekt ist, dass ihre Marktdominanz ein reichhaltiges Angebot über Jahre hinweg ausgedorrt hat. Weder das Kartellamt machte etwas dagegen noch der Gesetzgeber. Böse.

Meinen Thunderbird habe ich – derzeit – um die Add-ons Lightning, AdressBookTab, Display Contact Photo, QuickFolders und Navigation Shortcuts erweitert. Momentan fühlt es sich so an wie vor zehn Jahren mit Outlook: alles, was mit Kommunikation zu tun hat, unter einer Oberfläche. Morgens öffne ich jetzt wieder zuerst das Mailprogramm, dann erst den Browser.

Primär ging es aber darum, einen neuen Mail-Provider zu finden. Drei Überlegungen dazu:
1. lieber in Europa als in den USA
2. lieber auf dem eigenen Server als bei einem E-Mail-Provider
3. lieber bei einem kleinen als bei einem großen Hoster

Mails auf dem Server filtern

Die beiden Webhoster, bei denen ich meine privaten Domains liegen habe, kamen schon einmal nicht infrage. Sie ermöglichen es mir nicht, die eingehenden Mails auf dem Server zu filtern. Thunderbird kann das zwar auch lokal, aber ich möchte vor allem unterwegs auf dem Smartphone die Mails bereits sortiert empfangen. Dann piepst es nämlich nur, wenn eine wichtige Mail im Posteingang erscheint, denn ich empfange letztlich auch alle RSS-Feeds und Tweets per Mail. Da läuft ziemlich viel durch.

Meine Wahl fiel schließlich auf mail.de, ein E-Mail-Provider, den ich noch nicht kannte und der noch relativ jung ist, wenn man bedenkt, dass ich schon seit 15 Jahren digital kommuniziere. Ich war bereit, ein bis zwei Euro pro Monat auszugeben, aber der kostenlose Dienst bietet bereits alles, was ich brauche (Übersicht). Wenn ich in ein paar Wochen zufrieden bin, kann ich immer noch in einen kostenpflichtigen Tarif wechseln. Momentan scheint die Kombination aus Thunderbird und mail.de recht schnell zu sein. Ich bin mir aber noch nicht sicher, wie gut die Filter und die Spamerkennung auf Dauer funktionieren.

Um noch einmal die Überlegung vom Beginn aufzugreifen: Die E-Mails nicht mehr auf einem US-Server liegen zu haben, ist sicherlich ein guter erster Schritt, wenn man den Schutz der Privatsphäre in die eigene Hand nehmen möchte. Doch damit ist es nicht getan. Ob nun der Schutz zu 50 Prozent funktioniert oder zu 80 Prozent, in unerheblich. Absolute Sicherheit ist das Ziel, und die gibt es nur, wenn die Kommunikation verschlüsselt wird und auch an dem Ort, wo sie wieder in Klartext zurückübersetzt wird, niemand Ungebetenes Zugriff darauf hat. Aber es scheitert schon daran, dass sich kaum jemand findet, der mit verschlüsselt.