Wer Bücher kaufen will, muss erst einmal Bücher finden. Früher haben das die Buchclubs übernommen. Der Katalog kam direkt ins Haus. Entweder bestellten unsere Eltern das groß angepriesene Buch von Seite eins, oder man bekam es automatisch zugeschickt — falls man vergaß, die Bestellkarte rechtzeitig zur Post zu bringen. Das Ergebnis ist das Gleiche: Egal in welchen Haushalt von über 70-jährigen man kommt, im Regal stehen immer die gleichen Bücher.
Zum Glück gibt es nun Amazon. Dort kann man sich Bücher selbst aussuchen. Und dank des praktischen „Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch diese Bücher gekauft“ gibt es nun viele kleine Inseln mit einem Einheitssortiment im Bücherschrank: für die Freunde skandinavischer Krimis, die Freunde lateinamerikanischer Literatur, die Freunde des europäischen Bildungsromans und für viele mehr.
Das hört sich nach neuer Vielfalt an, stattdessen hat Amazon aber zur neuen Vereinheitlichung beigetragen. Der Buchladen im Real Life hat es schwer, weil viele nur noch im Internet bestellen. Dort jedoch gibt es nur einen großen Player: Amazon eben. Ich kenne zwar noch mehr Online-Bookshops dem Namen nach, doch gekauft habe ich dort nie. Warum auch?
Stefan Becht hat nun ein neues Projekt des Börsenvereins des deutschen Buchhandels namens „Volltextsuche online“ zum Anlass genommen, in seinem Telepolis-Artikel „Die neuen Bibliotheken von Alexandria“ über die Zukunft der Volltext-Suchmaschinen nachzudenken. Und wer wird dabei wohl die Nase vorn haben? Richtig, Google natürlich. Mit Google Print.
Google Print war nach dem Start Anfang 2004 schnell wieder offline, offensichtlich, um den Bücherbestand enorm aufzustocken. Seit Ende Mai dieses Jahres ist die Volltext-Suche mit 1,1 bis 1,2 Millionen digitalisierten Büchern wieder online, zumindestens nach Berechnung von Stefan Becht. Ungefähr 20 Prozent jedes Buches sind online einsehbar.
Becht stellt die These auf: „Was es bei Google nicht gibt, gibt es nicht.“ So stimmt das natürlich nicht. Viele Linktipps werden immer noch per Mundpropaganda getauscht. Ob dieser Link auch bei Google gelistet ist, interessiert dann niemanden mehr. Eher trifft seine These auf die Welt der Bücher zu: Was es bei Amazon nicht gibt, gibt es nicht. Ich jedenfalls suche dort und nirgendwo anders, um herauszufinden, ob meine Lieblingsautoren neue Bücher veröffentlicht haben.
Bald könnte Google Print jedoch Amazon als erste Anlaufstelle für die Büchersuche ablösen. Dort kann man in die Texte reinlesen und durch die Stärke des Suchmaschinenbetreibers könnte man schnell wichtige Zusatzinformationen wie Rezensionen maßgeblicher Redaktionen finden. Momentan gibt es diese Funktion allerdings noch nicht. Zurzeit findet man nur Nennungen von Autor und Titel in anderen Büchern.
Quelle: Google Print
Ein erster Test viel ebenfalls ernüchternd aus. Milan Kundera findet sich unter „Kundera“ und „Milan Kundera“ in beiden Fällen nicht auf den ersten 15 Seiten der Suchergebnisse. Philip Roth ist auf der ersten Seite nur mit seinem eher unbedeutenden Buch „Shop Talk“ vertreten. Erst auf Seite vier folgen „Human Stain“ und „I Married a Communist“. Auch die Suche nach dem Buchtitel „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ ergab keinen Treffer auf der ersten Seite.
Amazons Bücher-Suchmaschine A9 ist dagegen zuverlässiger. Die Suche nach „Milan Kundera“ ergab auf den ersten Plätzen acht Bücher von Kundera, erst das neunte stammt von einem anderen Autor, allerdings tauchte Milan Kundera im Titel des Buches auf. Amazon selbst listet zwar brav die Bücher von Kundera auf, jedoch derart ungeordnet, dass man schnell den Überblick verliert. Der Buch „Der Vorhang“, das demnächst erscheint, fand sich vor wenigen Wochen noch auf den hinteren Seiten, mittlerweile ist es auf Seite eins gelistet, jedoch weit unten außerhalb des Blickfelds.
Quelle: A9
Was Amazon bislang anderen Buch-Versendern gegenüber ausgezeichnet hat, waren Übersichtlichkeit, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit in der Lieferung, Einfachheit in der Bestellung, Kulanz und die Community. Das wird in Zukunft nicht mehr so wichtig sein, wie die richtigen Bücher zu finden. Und da wird – trotz aller derzeitigen Mängel – Google Print die Nase vorn haben. Um den Rest muss Google sich auch gar nicht kümmern. Über GoogleAds werden schon die richtigen Shops eingebunden. Sucht man nach der Zuglektüren-Autorin „Ingrid Noll“ sind dies zum Beispiel Weltbild und Buecher.de und kein Amazon.
Quelle: Google Print