Am 7. Juli sind in London Menschen gestorben. Durch Anschläge von Terroristen. Kaum jemand war dabei, die Medien berichteten darüber. Dies erzeugt sowohl Nähe als auch Distanz zur Tat. Deshalb sollten gerade die Medien darauf achten, welche Worte sie wählen. Am 21. Juli sollten wieder Menschen in London sterben. Die Bomben zündeten nicht. Diejenigen, die die Bomben an den Ort gebracht haben, wo sie explodieren sollten, sind anscheinend gefasst. Spiegel Online schreibt: „Wann singen die Verdächtigen?“ Als ob es ein Ganovenfilm mit Spencer Tracy wäre.
Es geht hier nicht darum, die Moralkeule zu schwingen. Handwerkliche Fehler passieren immer wieder. Gerade auch in Redaktionen. Gerade auch dort, wo es gut gemeint ist. Allerdings sind einige Redaktionen auch mit einer Glaubwürdigkeit ausgestattet, die aus einem riesigen und verlässlichen Apparat stammt. Sei es die Zeit, die Tagesschau oder im Internet eben Spiegel Online. Dem müssen die Medien auch gerecht werden. Spiegel Online erlaubt sich zum oder am Wochenende aber immer wieder Patzer, die nicht sein müssten.
„Wann singen die Verdächtigen?“ ist im Text eine Zwischenüberschrift. Daher liegt die Vermutung nahe, dass sie nicht vom Autor stammt, der direkt aus London berichtet. Seine übrige Wortwahl legt nahe, dass er auch bei einer Zwischenüberschrift nicht so daneben gegriffen hätte. Wer also redigiert ab Freitagnachmittag die Texte? Die Redaktion müsste doch so groß und so organisiert sein, dass am Wochenende zumindest ein leitender Redakteur für die Qualität der Texte gerade stehen kann.