Ein kleiner Paukenschlag. Man ahnt Böses. Aber dennoch hallt nicht viel nach. Der Verlag Axel Springer und die Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 haben beschlossen, sich zu verschmelzen. Die Wirtschaftsexperten klatschen Beifall. Die Medienexperten schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Allein das schon ist eine schizophrene Situation. In der Blogosphäre indes weht nur ein laues Lüftchen. Der zweitgrößte deutsche Medienkonzern formiert sich irgendwo zwischen Schulterzucken und Weltuntergang.
Entstehen wird ein integrierter Medienkonzern wie Bertelsmann, aber anders als dieser. SpringerProSiebenSat.1 wird „der einzige börsennotierte Medienkonzern in Deutschland, der sowohl im Printmedien- als auch im TV-Geschäft tätig ist“ (Springer-Verlag), was die Agenturen und Redaktionen auch fleißig so übernehmen. Als ob es jemanden interessiert, ob Bild, Akte05 & Co börsennotiert sind. Nur die Bücher fehlen im Sortiment. Bertelsmann hat diese gleich clubweise.
Kritik kommt prompt. Zum Beispiel vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Eine solche Medienmacht in einer Hand ist verheerend für die Meinungsvielfalt in Deutschland“, so DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Durch die 100-Prozent-Übernahme der Stimmrechtsaktien durch Springer entsteht ein Medienmonopol mit gewaltigem Einfluss auf die öffentliche Meinung.“
Soso, ein Monopol entsteht also. Mein Fernseher empfängt jedenfalls immer noch ARD und RTL. Und die Süddeutsche Zeitung und Die Zeit erhalte ich ebenfalls noch am Kiosk. Ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird. Ich werde mir den Konsum derselbigen auch nicht verbieten lassen.
Der DJV ist so etwas wie das reine Gewissen der Journalisten. Stets wird eine Lanze für den unabhängigen Journalismus gebrochen. Der DJV ist eine Standesvertretung. Und was Herr Konken von sich gibt, riecht leider nach Gewerkschaftsmief. Ist das die Angst? Wenn Journalisten über Medien schreiben, ist das immer auch Selbstbeschau. Und wenn sich im Mediengefüge etwas ändert, kommt immer auch die Angst hoch, dass in den Redaktionen Arbeitsplätze verloren gehen. Beispiele dafür gibt es viele.
Aufgehängt wird die Aufregung deshalb auch an anderen Punkten. Dass die von Deutschland gesuchten und gefundenen Superstars in einer Sendung der Bertelsmanntochter RTL einen Plattenvertrag der Bertelsmanntochter Sony BMG erhalten, wundert niemand. Wenn dagegen die Hörzu demnächst einen Spielfilm auf ProSieben als Tipp des Tages auszeichnet, werden von den sogenannten Medienexperten aller Voraussicht nach neue Barrikaden im Geiste aufgebaut.
Auf denen würden sie gerne stehen und die Revolution ausrufen, stattdessen sitzen sie nur dahinter – verbarrikadiert – und nehmen die Änderungen in der Medienlandschaft nur sehr selektiv wahr. Das Internet ist toll. Jawoll. Aber sonst darf sich bitte schön nichts ändern. Die Kritiker der Fusion zwischen den beiden ‚konservativen‘ Gruppen Springer und ProSiebenSat.1 sind die eigentlichen Konservativen – trotz des lautschreierischen und vermeintlich revolutionären Gehabes.
Alle malen den Teufel an der Wand. Der hätte allerdings viel zu tun, wenn er jede Zeile selbst schreiben und jede Fernsehminute selbst produzieren müsste. SpringerProSiebenSat.1 wird genauso wenig aus einem Guss sein wie Bertelsmann. Wenn Springer-Chef Döpfner das Chefredakteursprinzip und journalistische Unabhängigkeit verspricht, dann glaube ich ihm das. Allerdings entscheidet er auch darüber, wer auf dem jeweiligen Chefsessel Platz nimmt. Keine guten Aussichten. Das Problem ist nicht, dass aus Springer-Verlag und ProSiebenSat.1 ein großer Medienkonzern entsteht, sondern dass es viele kleine Döpfners und Diekmänner gibt. Auch in der noch so harmlos erscheinenden Hörzu. Auch jetzt schon.
Aus dem BILDblog muss deshalb auch kein SpringerProSiebenSat.1-Blog werden. Jede einzelne Zeitung und jeder einzelner Sender gehört unter die Lupe genommen. Dann setzt Kritik auch im Konkreten an und bedient sich nicht schwammiger Verschwörungs- oder Weltuntergangstheorien. Ich werde nach wie vor Sat.1, Welt und Bild meiden, wenn es um die Nachrichtenaufnahme geht, aber auf ProSieben, Sat.1 und Kabel1 Spielfilme und meine Serien schauen – und natürlich Stefan Raab.
Was die Verschmelzung von Springer-Verlag und ProSiebenSat.1 nun wirklich bedeutet, bringt das Blog angemerkt. schön auf den Punkt: „Das nennt man wohl Konzentration auf die Kernkompetenzen: Unterschichtenmedien…“