Was in den Magazinen so geschrieben steht, sind nicht immer die reinen Fakten, Fakten, Fakten. Oft muss auch das Orakel herhalten. Anlässlich eines angekündigten Treo-Smartphones mit dem Betriebssystem Windows Mobile und einem Interview von Palm-Chef Ed Colligan in der Berliner Zeitung spekuliert die Journaille nun über die Zukunft von Palm – anstatt sich über die neue Vielfalt im Programm zu freuen.

Livedrive von Palm
Als reine Fernsehzeitschrift zu teuer: Palms High-End-PDA

Dabei liegt es auf der Hand, dass mit dem Windows-Treo neue Kundengruppen erschlossen werden sollen: Geschäftskunden, die in einer Windows-Umgebung arbeiten. Die alten Palm-Fans werden mitnichten vergrault. Auch der provozierend formulierte Gegensatz zwischen Smartphones und PDAs ist keiner. Golem spricht sehr schön von „PDAs ohne Telefonfunktion“. Treos sind demnach einfach nur PDAs mit Telefonfunktion. Oder wie die Zeitschrift connect sie nennt: PDA-Phones.

Sicher geht es auch darum, aus zwei Geräten eines zu machen. Statt Handy plus PDA haben manche lieber ein Smartphone in der Tasche. Und doch steckt mehr dahinter. Denn das große Display des PDA macht nur Sinn, wenn auch genug Daten vorliegen, um sie ‚auf den Screen‘ zu bringen. Und wenn nicht genug davon im Speicher liegt, dann muss das Futter eben per Funk an Bord geholt werden. Voilà, und schon hat der PDA einen GPRS- oder WLAN-Anschluss.

Ed Colligan versichert in dem Interview, dass es auch in Zukunft PDAs geben wird. Genutzt von Privatleuten. Letztens noch habe ich von einer Studie gelesen (leider habe ich nicht mehr den Link zur Hand), dass in Krankenhäusern demnächst die Ärzte mit elektronischen Krankenmappen auf dem PDA ans Krankenbett treten werden. Sicher gibt es noch viele andere Firmen, die PDAs als kleine und mobile Clients auf dem Firmengelände nutzen können. Doch wird der PDA in der Küche als Rezeptbuch fungieren? Wohl kaum.

Sicher, das TFT-Display an der Microwellentür ist genauso wenig gekommen wie der Kühlschrank, der eigenständig die Wurst nachbestellt. Dennoch hat auch in der Küche das Internet Einzug gehalten. Und sei es als Rezept von chefkoch.de, das im Arbeitszimmer am PC ausgedruckt wurde. Aber auch der eine oder andere Laptop dürfte auf dem Küchtisch geparkt werden – wo er doch schon regelmäßig zwischen Wohn- und Arbeitszimmer wandert. Ich glaube nicht, an den PDA in der Küche. Und was der Fernsehzuschauer auf dem Schoß haben wird, ist allenfalls ein Gerät wie das Internet Tablet von Nokia. Viele werden es nicht sein.

Und was macht denn nun ein Smartphone aus? Es kann viel, vor allem viel wiegen und viel Tasche ausbeulen. Das ideale Gerät gibt es dabei gar nicht, jeder wird den Kompromiss an anderer Stelle machen. Wie groß muss das Display mindestens, wie unhandlich darf das Gerät höchstens sein? Die Lösung wird für manchen so aussehen: Man kombiniere den PDA mit einem super kleinen Klapphandy. Geht es abends auf Piste, bleibt der PDA zuhause, das Handy verschwindet in der Hosentasche. Ansonsten ist der PDA, wie früher der Filofax, immer in der Akten- oder Manteltasche dabei. Und wieder nur die Lösung für eine Kleinstzielgruppe. Ob das nun die ganze Orakelei gelohnt hat? Wohl kaum.