Eine „neue Wunderwaffe, die Google und Skype das Fürchten lehren soll“ – die Financial Times Deutschland findet schöne Worte für etwas, das noch niemand kennt. Es geht um die Kann-alles-Software Combots, die derzeit von den ehemaligen Machern von web.de entwickelt wird. Ob der Vergleich mit Google und Skype nun inhaltlich gemeint war oder der Leser nur mundtot gemacht werden sollte, bleibt das Geheimnis der FTD (oder von Combots).
Combots hat eine Vision: „Der Mix aus E-Mail, SMS, MMS, Instant Messaging, VoIP, Webcams, Videochat, Anhängen, Fotoalben, Web Drive, Mobile eMail, Push-eMail, Spam-Schutz,? ist viel zu komplex und weit entfernt davon wirklich Spaß zu machen. Und genau das werden wir ändern!“ Hoffentlich endet das nicht beim Arzt. Das ganze Marketing-Geschwubber auf der Website jedenfalls lässt Schlimmstes befürchten. Ein guter Ansatz ist es dennoch, alle Kommunikation in ein Programm zu packen. Als Combots noch web.de hieß, gab es sogar schon einen ersten Versuch. Einen Freischuss. Denn Com.Win vereinte zwar Telefon, Fax, E-Mail und SMS, floppte aber. Gute Aussichten für den angekündigten Nachfolger Combots. Erscheinen soll es noch dieses Jahr. Wenn der Zeitplan eingehalten würde, hätte man aber vielleicht schon mehr davon gehört.
Combots spricht von der „Web-Telekommunikation“, gemeint ist wohl eine einzige Schaltzentrale für die komplette tägliche Kommunikation. Und jeder hat so seine eigenen Ansprüchen daran. Ich habe eine Zeit lang ICQ und IRC genutzt, doch dann wurde mir das ständige Geblinke zu stressig. Man bräuchte folglich ein Programm, das prinzipiell alles kann, aber das ausblendet, was man nicht nutzt. Der Alleskönner muss übersichtlich und einfach zu bedienen sein. Nur dann kann daraus eine Killer-Applikation werden, wie Combots das vorhat. Warum sonst hätte man das gut laufende Portal web.de verkauft und das Geld in die Entwicklung eines einzigen Produktes gesteckt, von dem nicht einmal abzusehen ist, ob damit jemals Geld verdient werden kann.
Den Versuch, alles unter einen Hut zu bekommen, hat es natürlich – zumindest in Ansätzen – schon gegeben. So hat Netscape zum Browser noch einen E-Mail-Client, einen WYSIWYG-Editor ins Paket gelegt. Erfolgreich sind allerdings erst die getrennt laufenden Nachfolger Firefox und Thunderbird geworden. Opera hat in seinem Bundle u.a. Browser, E-Mail- und IRC-Client vereint. Aber wer nutzt schon den IRC-Client der Norweger? Ich kenne niemanden. Spezialisierte Programme sind oft besser als die kostenlose Dreingabe. Auf der anderen Seite lernen die gängigen IM-Clients neben VoIP auch gleich Videotelefonie. Zwischen beiden Lagern liegt aber eine scheinbare unüberwindbare Kluft: E-Mail-Client plus RSS-Reader auf der einen Seite. IM plus IRC plus VoIP plus Videotelefonie plus SMS auf der anderen Seite. Ich bin gespannt, ob Combots es schafft, das zusammenzubringen.
Dann könnten Newsletter, die per E-Mail oder RSS verschickt werden, in den selben Ordner einsortiert werden. Ebenso ließen sich E-Mails, Instant Messages und SMS von einer Person am selben Ort ablegen. Auch über den Abgleich der Adressbücher zwischen den verschiedenen Programmen müsste man sich keine Gedanken mehr machen. Alles schön und gut. Es reicht aber nicht, einfach nur ein neues Programm zu schreiben, das quasi Thunderbird und Miranda in einem vereint. Combots selbst spricht von WLAN und UMTS. Die Daten müssen natürlich auch auf dem Smartphone verfügbar sein. Und so sehr ich die Idee von RSS als IMAP verlockend finde, vermute ich, dass bald ein neues proprietäres Format die Welt erblicken wird. Kein schöner Gedanke. Oder in der trendigen Variante: Viel Ajax, wie Gmail, nur besser. Ich bin mal gespannt.
Gerade erst gesehen: Auch der Werbeblogger hat sich des Themas angenommen und einen Blick in das Reich der Untoten geworfen. Sehr schön.