Selten in der Blogospähre so etwas Gutes gelesen wie heute von Stefan Niggemeier. Kein Wunder es war ja auch auch ein journalistischer Text (für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) und kein Blogeintrag. Aber die Wichtigkeit genau dieses Unterschieds will er selbst nicht recht wahrhaben. Unter dem Titel „Digitale Revolution“ macht er jeden Internetnutzer, der neben der Maus auch mal die Tastatur benutzt, zum „Chefredakteur“. Wenn es um das reine Text-absetzen im Interent geht, hat er wohl Recht. Das fette Chefred-Gehalt wird deshalb noch lange nicht jeder kassieren. Wäre auch zu schön gewesen. Ganz so stimmig ist die Welt, die Stefan Niggemeier skizziert, noch lange nicht. (Link beim Storyblogger gefunden)
Sehr treffend beschreibt er die Trägheit sowie den Kontroll- und Autoritätsverlust der alten Medien und die daraus resultierende Notwendigkeit, sich zu verändern. Darüber hinaus spricht er die neue Interaktivität von Blogs und ähnlichen Plattformen sowie das gewachsene Selbstbestimmungsrecht der Konsumenten über ihren Medienkonsum an. Dabei verbindet er die Blogkultur mit dem beginnenden Fernsehserien-Download-Hype. Das habe ich so noch nirgendwo gelesen. In keinem Blog. Und vielleicht kann man die Gesamtheit dieser Veränderungen auch als Revolution bezeichnen. Aber dennoch passt das alles noch nicht.
Stefan Niggemeier sieht die Möglichkeiten einer Digitalen Revolution, vermeidet aber eine Einschätzung, wie groß die Schublade ist, in der die Revolutionspläne liegen. Recht hat er, „nun ist potentiell jeder Produzent von Inhalten“, aber wird auch jeder neue Inhalte produzieren? Und werden andere diesen ihre Aufmerkamkeit schenken? Auf den Punkt gebracht: Jeder wird ein Chefredakteur sein, aber nicht von einem Millionenpublikum gelesen werden. Sein Podcasting-Gegenbeispiel wird die Ausnahme bleiben. Die Masse verhält sich eben nur dann wie die Avantgarde, wenn es um eine passive oder konsumierende Tätigkeit geht. Heutzutage haben wir über 90 Prozent Fernsehzuschauer, aber bei weitem nicht so viele Fernsehtechniker (oder TV-Journalisten). Die Sofakartoffel wird eine Sofakartoffel bleiben – egal, ob sie auf TFT oder Plasmabildschirm starrt.
Neben der mangelnden Kreativität oder Trägheit ist ein Grund dafür die fehlende Zeit. Auch die Storybloggerin merkt das an. Stefan Niggemeier schreibt: „Zu den Gewinnern der Zukunft werden Produzenten gehören, die es schaffen, Inhalte herzustellen, die eine bestimmte Zahl von Leuten wirklich sehen will ? und deshalb bereit ist, dafür Zeit oder Geld zu investieren.“ Dazu zählt sicherlich Jerry Bruckheimer, aber kaum ein Bewohner von Kleinbloggersdorf. Der pekuniäre Gegenwert des inhalte-produzierenden Schweißes wird bei weitem nicht so ‚gleich‘ verteilt wie eben der Schweiß (oder die investierte Zeit). Viele Bürgerjournalisten werden von Papa bezahlt. Oder vom Arbeitsamt.
An der genialen Verlinkung von Bloggertum und neuem Fernsehkonsum verstolpert sich auch Stefan Niggemeier. Die Schwelle zur Produktion eigener Medieninhalte ist nur für die Veröffentlichung von Texten und Bildern gesunken. Qualitativ gute Inhalte (gerade auch im Fernsehen) werden teilweise sogar mit einem viel höheren Aufwand erzeugt (siehe Jerry Bruckheimer).