Bei einem Onlinemagazin oder Newsportal hat einer das Sagen: der Vermarkter, der oberste Webentwickler oder der Chefredakteur. Jede Konstellation hat ihre Vor- und Nachteile. Als ich wegen der Flashwerbung auf Zeit online letztens ein wenig Korinthen kackte, war mir nicht klar, wie schlimm es um die Website der Zeit tatsächlich stehen muss.

Heute spielte ich Sudoku auf zeit.de, ließ mir durch einen Klick auf den Button „Spiel überprüfen“ bestätigen, dass ich die richtige Lösung gefunden hatte, und wurde mit einer unterwürfigen Linkanbiederei überrascht (siehe Bild). Wenn ich ein Geschäft betrete, auch noch eines der gehobenen Klasse, dann möchte ich doch nicht von einem schleimenden Bücklingmacher die neue Kollektion im dritten Stock angeboten bekommen, sondern das, weshalb ich das Geschäft aufgesucht habe.

Das hört sich jetzt nach einer weiteren Korinthe an. Hat mich dieser kleine Verbraucherhinweis in eigener Sache beim Sodoku-spielen gestört? Nein. Hat er verhindert, dass ich ein weiteres Spiel spielen konnte? Nein. Hat er das Verlassen der Seite verhindert? Nein. Was ist also daran so schlimm?

Das Primat des Webentwicklers sieht so aus: Schick mir eine E-Mail, ich setze den Punkt auf meine To-Do-Liste und werde ihn zur gegebenen Zeit bearbeiten. Beim Primat des Chefredakteurs fehlt es immer an Redakteuren, und die Webentwicklung soll endlich mal hinmachen. Der Vermarkter jedoch hat folgende Ziele: mehr PIs generieren und einen höheren TKP erzielen – egal wie. Der Leser muss dahin gebracht werden, wo sich die Werbung am besten verkaufen lässt.

Werbung, die sich über den Text legt, tut jedem Redakteur im Herzen weh. Sie sorgt aber für seinen Lebensunterhalt, diese Kröte schluckt man also. Zeit online holt mit seiner neuen Werbeform auch nur das nach, was andere schon längst machen. Wenn dabei Maß gehalten wird, ist dies auch für den Leser akzeptabel. Insofern war dies wirklich nur eine Korinthe.

Wenn ich mir Zeit online aber anschaue und die ganzen Baustellen sehe oder zumindest Stellen, an denen weitergebaut werden müsste, dann frage ich mich, womit die ihre Zeit verplempern, wenn nach einem Sudoku-Spiel auf neu erschienene Artikel hingewiesen wird. Da hat wohl jetzt der Vermarkter das Sagen. Da macht man eine Sidebar und haut die letzten Einträge der Startseite rein. Da muss sich nichts überlagern. Ist das so schwer?

Stattdessen wird auf Zeit online an allen Ecken und Enden Eigenwerbung eingeblendet. Audible hin, Jetzt-an-der-Zeit-Umfrage-teilnehmen her, Platz wäre genug da. Zeit online scheint nicht ausgebucht zu sein, zumindest nicht in den niederen Sektionen mit den schlechten TKP-Preisen. Wenn ich Sudoku spiele, will ich Sudoku spielen. Baut eure Startseite richtig, dann werde ich dort auch mehr Texte lesen und qualitative Klicks produzieren, zu denen sich auch die Werbung besser verkaufen lässt.