Auf den großen Messen gehen die kleinen Initiativen leider unter. „Free Your Android!“ fordert die Free Software Foundation Europe (FSFE) zusammen mit dem deutschen Verein FoeBuD am Rande des Mobile World Congress. Das geht natürlich schon längst. Auch das iPhone lässt sich knacken, hacken, jailbreaken, was auch immer. Nur was technisch möglich ist, muss sich auch in den Köpfen festsetzen. In den Köpfen der Konsumenten (denn das sind sie schließlich, wenn sie das so hinnehmen, was ihnen vorgesetzt wird), aber auch in den Köpfen von Google, Apple, Microsoft & Co.
„Verschenk deine Daten nicht“ – so müsste die Initiative eigentlich heißen. Es ist nicht nur Malware, die durch viel kriminelle Energie und ein wenig Unachtsamkeit von außen auf das Smartphone kommt, die Geräte haben das Datenleck oft schon eingebaut, wenn sie über die Ladentheke wandern. Man denke nur an die Datenschnüffelei von CarrierIQ oder an Apps, die das komplette Adressbuch des iPhones nach Hause telefonieren. Aber auch die Aktivierung eines Android-Handys mit einem Google-Konto fällt darunter. Wenn morgen neue Datenschutzbestimmungen in Kraft treten, können die einzelnen Googledienste leichter Daten untereinander austauschen. Ich bin gespannt, wie schnell die Ergebnisse der Google-Suche (bezahlt und nicht bezahlt) zu den Orten passen werden, die im Adressbuch verzeichnet sind.
Das Adressbuch auszulesen, scheint ein Kavaliersdelikt zu sein. Wenn ein Skandal aufkommt, gibt es bloß Hausverbot im App-Store. Wenn nicht, dann nicht. Was für Folgen das vor Gericht haben wird, ist noch unklar. In den USA werden bereits die ersten Sammelklagen vorbereitet. Das ist ein anderes Rechtssystem, das für die Unternehmen sehr schnell sehr teuer werden kann. In Europa wird stattdessen lieber von Amtswegen verboten. Was aber auf jeden Fall hilft, ist ein Bewusstsein dafür, was mit den Daten geschieht – in den Köpfen der Nutzer. Und um sich technisch zu schützen, hilft es, die Kontrolle über das Gerät zu übernehmen. Diesen Weg weist die Initiative „Free Your Android!“, auf Deutsch „Befreien Sie Ihr Android!“.
Boot to Gecko und Tizen
Android selbst ist vom Prinzip her Open Source. Allerdings lässt sich Google schon mal mit der Veröffentlichung des Quellcodes Zeit. Vor allem aber sind nicht alle Anwendungen frei. Die Initiative zeigt nun mehrere Wege. Am aufwändigsten ist das Aufspielen einer freien Androidvariante. Am bekanntesten ist CyanogenMod. Manchmal reicht es aber auch, einzelne Anwendungen zu ersetzen oder die Anbindung an das eigene Google-Konto zu kappen und die Daten lokal zu synchronisieren.
Ein ähnliches Ziel verfolgt Mozilla mit Boot to Gecko. Das neue Betriebssystem soll sich auf alle Smartphones spielen lassen, wo der Nutzer Zugang zum Bootloader hat. Argumentativ wird hier nicht die Datenschnüffelei der anderen Betriebssysteme in den Vordergrund gestellt, sondern die Beschränktheit der zugehörigen App-Stores. Ein freies System hat schließlich auch hier die Wahl.
Eine weitere Initiative ist Tizen, das aus Meego und Maemo hervorgegangen ist und sich nun Bada annähern soll. Hier stehen zwar Unternehmen mit kommerziellen Interesse dahinter (u.a. Samsung), aber im Open-Source-Projekt wird ihnen auf die Finger geschaut. Sie wollen letztlich auch nur die Geräte verkaufen und Dienste drumherum. Aber so wurde ja auch argumentiert, als Android begann.