Wer kein Geld hat, um seine Ideen umzusetzen, muss es sich besorgen. Die einschlägige Ratgeberliteratur im Internet schwärmt gerade von Crowdfunding (auch Schwarmfinanzierung genannt), die Blogsphäre ist ganz heiß darauf. Schließlich hat doch jeder ein Projekt, an dem er gerade arbeitet, und zusätzlich noch viele Ideen im Kopf. Eine kurze Einführung.
Man stellt auf einer dieser Plattformen sein Projekt vor, am besten mit einem feschen Video, das man jedoch selbst vorfinanzieren muss. Man gibt eine Mindestsumme an, die man benötigt, um das Projekt umsetzen zu können, und einen Termin, bis zu dem das Geld zusammengekommen sein soll. Der Termin lässt sich allerdings nach hinten schieben und, wenn die Leute mehr Geld geben wollen, dann werden diese in der Regel auch nicht abgewiesen. Die Plattform erhält 5-10 Prozent der Summe. Auf diese Idee hätte man mal rechtzeitig kommen sollen. Es sind vor allem künstlerische und Internetprojekte, die darüber finanziert werden.
Auch aus Sicht des Geldgebers kann sich Crowdfunding lohnen. Man erhält für sein Geld einen konkreten Gegenwert. Wer einer noch unbekannten Band die Aufnahme ihres ersten Albums ermöglicht, erhält als Dankeschön die CD, eventuell noch mit Exklusivmaterial. Kommt insgesamt nicht genug Geld zusammen, werden die ganzen Einzelbeträge wieder zurücküberwiesen. Das Investment ist jedoch futsch, wenn das Projekt bei der Umsetzung scheitert oder das Produkt einfach nur schlecht ist. Das ist das Risiko beim Risikokapital.
9.233 Euro pro Projekt
Über die bekannteste Plattform, Kickstarter, sollen sich laut Wikipedia bis Anfang 2012 weltweit mehr als 10.000 Projekte finanziert haben. Evgeny Morozov gibt in seinem FAZ-Artikel „Kickstarters Grenzen“ an, dass in diesem Jahr 150 Millionen Dollar über diese Plattform verteilt werden wird (er führt auch ein paar Kritikpunkte aus Sicht der Gesellschaft an). Das Thema ist interessant, wenn man darüber schreibt oder liest. Wenn es jedoch tatsächlich um das Geld geht, dann sieht es in Deutschland noch mau aus. Laut Wikipedia wurden in Deutschland im Herbst 2011 120 von 310 Projekte auf diese Weise finanziert.
Hierzulande ist startnext.de am ehesten vergleichbar mit Kickstarter. Das Geschäft wird gemeinnützig geführt, daher muss man auch keine Provisionen zahlen. Derzeit wird für 407 Projekte gesammelt, 1.557.248 Euro sind von angepeilten 3.757.823 Euro schon zusammengekommen, das wären dann im Schnitt 9.233 Euro pro Projekt. Das ist nicht viel und liegt daran, dass viele Künstler nur 1.000 oder 2.000 Euro brauchen, um ihr Projekt zu starten beziehungsweise umzusetzen. Große Projekte brauchen dann jedoch schon 25.000 Euro, 50.000 Euro oder 100.000 Euro.
Wer soviel Geld benötigt und eher ein Geschäft aufbauen möchte, als sich künstlerisch zu verwirklichen, hat im Crowdinvesting eine Alternative. Dort gibt man kein Geld, um einen direkten Gegenwert zu erlangen, sondern investiert auf klassische Weise: Man erhält einen Anteil am Unternehmen. Eine deutsche Plattform ist seedmatch.de. Nicht ein einziger Risikokapitalgeber gibt einen großen Betrag, sondern man hat nach dieser Finanzierungsrunde viele kleine stille Teilhaber.
Geldgeber sind auch die ersten Kunden
Ab 250 Euro ist man bei seedmatch.de schon dabei, der Schnitt liegt aber bei 572 Euro pro Investor. Mit 100.000 Euro erhält man also auch 175 Teilhaber. Die Formalia können anschließend über die Plattform abgewickelt werden, den Aufwand dafür kann man sich also sparen. Dennoch hat jeder Investor ein Interesse am Projekt, manch einer auch mit etwas weniger Geduld, denn alle sind am Gewinn beteiligt und wollen ihren Anteil irgendwann auch wieder gewinnbringend veräußern.
Beim reinen Crowdfunding hat man diese Last nicht. In den meisten Fällen wird auf diese Weise lediglich ein Produkt vorfinanziert. Sobald das fertiggestellt und ausgeliefert wurde, sind die Geldgeber zufrieden. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Bonus: Die Geldgeber sind auch bereits die ersten Kunden. Es wird nicht nur Geld eingenommen, man kann sich auch eine Ausgabe sparen, zumindest einen Teil des Marketingetats. Allerdings wird man über Crowdfunding nicht die ganz großen Summen einsammeln können, eher 25.000 Euro als 100.000 Euro (wenn überhaupt), eher 25 Euro pro Person als 250 Euro oder 500 Euro.
Unter diesem Blickwinkel muss man auch die Crowdsourcing-Finanzierung des Stromberg-Kinofilms sehen. Viel Geld für die Produktion ist darüber nicht hereingekommen. Es ging wohl vor allem darum, im Vorfeld Werbung zu machen und andere Investoren davon zu überzeugen, dass es Interesse für diesen Film gibt, sprich: genug potentielle Kinobesucher und DVD-Käufer.